Zwischenseminar in Busua
Das Zwischenseminar fand in Busua statt. Busua ist ein kleines Fischerdorf, was durch den Strand, das Meer und einem Festival auch für Touristen interessant ist. Tatsächlich war das Festival direkt im Anschluss an das Zwischenseminar, sodass einige Freiwillige inklusive mir das Wochenende länger geblieben sind, um das Festival zu erleben.
Das Arbeiten beim Zwischenseminar fand hauptsächlich auf der Dachterrasse unserer Unterkunft statt (siehe Bild). Beim Zwischenseminar wurden Inputs unter anderem zu den Themen Herausforderungen & Konflikte und negative & positive Erlebnisse gegeben. Dazu hat jeder für sich das vergangene Jahr reflektiert. Dafür hatten wir im Vorbereitungsseminar einen „Brief an mich“ verfasst, den wir nun nach einem halben Jahr lesen durften und checken konnten, ob die Erwartungen für das Jahr eingetroffen sind oder nicht, oder ob sie noch mehr Zeit benötigen. Ich war darin nicht ganz so gründlich, auch weil ich vieles aus meinem Kopf nicht niederschreiben konnte, so wie ich es wollte. Auch hatte ich nicht die Ruhe, um es ausführlich zu schreiben. Es war trotzdem ganz interessant zu sehen, was man selber vor einem halben Jahr gedacht und erwartet hat. Ich sehe jetzt auch, dass ich mich etwas übernommen habe, aber dafür ganz andere, unerwartete Lektionen gelernt habe. Diese konnte man in dem Neu- oder Weiterschreiben verarbeiten oder neue Ziele setzen bzw. anpassen.
Ausschnitt aus meinen Arbeitsmaterialien
Größten Herausforderungen
– Komplikationen mit Beziehungen in DE
– manchmal fehlendes Gefühl von gebraucht zu werden
– Selbstzweifel & Overthinking (größtenteils von meiner introvertierten Natur hervorgerufen)
– Prioritäten- & Zeitmanagement
– grundsätzlich oberflächlichere zwischenmenschliche Beziehungen in GH
– Langeweile unter den Kindern (kaum etwas anderes zu tun als ihre Pflichten zu erfüllen & zu lernen)
– Umsetzen von Projekten
– Meine Hobbys mit den Kindern teilen zu können
– Kirche & Glauben
Was konnte ich aus bereits daraus lernen?
– Arbeit (Schule) & persönliche Probleme zu managen
– Manchmal hilft es einfach zu den Kindern rausgehen, um mich abzulenken bzw. zu merken, dass die Probleme gar nicht so groß sind
Positive Erfahrungen
– erstes Mal eine funktionierende Dusche zu haben
– Kinder teilen ihre Geschichte mit mir
– Silvester mit den Freiwilligen
– Essen
- zur Abwechslung europäisches Essen & Restaurant Bistro 22
- Weihnachtsessen im Heim (Fried Rice mit viel Gemüse)
- erstes Mal Fried Rice mit Salat als Mittagessen in der Schule
- Fried Yam / Redred
- frische Früchte
– Kinder rennen auf einen zu, wenn man aus dem Urlaub zurückkommt
– Telefonate mit Freunden & der Familie
– Zwischenseminar & Surfen
– Awijah als Projektpartner & gemeinsames GNTM schauen
– Geburtstagsfeier von Joe (ghanaischen Freund)
– wenn ich jemanden mit irgendetwas helfen kann
– Fortschritt bei eigenen Hobbys
– Foster Home Zuhause nennen
– mit einigen Freiwilligen nach dem Botanischen Garten im Regen zum Uber rennen & total nass werden
– Diskussionen mit den Ältesten aus dem Heim
Nichtsdestotrotz habe ich auch positives Feedback zu meinen Zielen bekommen. Ein Hauptziel von mir war es nämlich, ich nenne es mal “meine sozialkommunikative Anstrengungen” zu verbessern. Damit meine ich aus mir selber herausgehen, Gespräche haben, und nicht nur still und heimlich dabei zu sein, sondern aktiver teilzunehmen. In der Gesellschaft mit den anderen Freiwilligen gelingt mir das schon ziemlich gut. Zumindest wurde mir das so von den Mitfreiwilligen indirekt und direkt an mich weitergegeben xD.
Ansonsten war ich auch mal sportlich unterwegs, mit morgendlichen Jogging und/oder Workouts oder dem Surfen lernen am Nachmittag. Das Surfen war echt nice, aber man braucht Kraft und Durchhaltevermögen, um nur für sieben Sekunden auf dem Board zu stehen. Aber dieser Herausforderung habe ich mich natürlich gestellt und einige Male habe ich es anscheinend auch geschafft. Mit mehr Zeit (und Geld) hätte ich auch noch mehr erreichen können. Es war eine echt schöne gemeinschaftliche Erfahrung und die Wellen dafür waren auch einfach nur nice zum Surfen, auch wenn ich mal von einer Welle 20 Meter im Schleudergang durch das Wasser gezogen wurde. Mit dem Surfen kommt ein weiterer neuer Skill dazu, den ich hier gelernt habe. Zerschundene Knie und wunder Oberkörper gehören mit der allgemeinen Erschöpfung beim Surfen dazu. Dem konnten wir aber mit dem leckeren europäischen Essen jedoch gut entgegenwirken.
Generell bestand die Woche eigentlich nur aus Frühstück, Input & Gruppenarbeiten, Mittagessen, Surfen, Abendessen und nochmal Input. Danach sind wir oft einfach noch oben geblieben, haben gequatscht, Spiele gespielt oder sind über den Strand spaziert.
Das Festival
Das Festival fand direkt im Anschluss des Seminars statt und klingt eigentlich ziemlich nice: Mit viel Musik am Strand feiern. Nicht ganz so meins, trotz dessen ganz interessant mal zu erleben. Auch wenn meine eigenen Probleme das eigentliche freudige Fest für mich überschattet hat. So sehr, dass ich inmitten der Menge das Gefühl hatte, einfach raus zu müssen, was ich bisher noch nie so stark hatte. So musste ich mich erstmal abseits der Menge hinsetzen und einfach nachdenken und die „Ruhe“ genießen. Aber es wurde nicht besser. Ich kann auch nicht so gut ausgesehen haben, da mich mehrere Personen gefragt haben, ob es mir gut geht. Es ging sogar so weit, dass ein random Ghanaer mich angesprochen hat und mich zu einem Getränk eingeladen hat, um über die Probleme zu sprechen (das würde wohlgemerkt in DE nie passieren!). Vier Räte hat er mir gegeben, drei ganz hilfreiche: Nicht so hart zu mir selbst sein, Gott davon zu erzählen und „Don’t worry too much“ der letzte war (paraphrasiert): Suche dir weibliche Ablenkung. Die beiden letzteren sind Ersteres der ghanaischen fällt mir sehr schwer umzusetzen und zweiteres wollte ich nicht umsetzen. Danach sind wir auch wieder verschiedenen Wege gegangen.
Update zur Musik: Playlist von häufig gehörten Liedern unter den Kindern
oder
Fakt der exorbitanten Differenz
Eigentlich hatte ich nicht vor, diese Kategorie einzuführen, aber dieser Fakt ist eine Erwähnung wert. Es lässt mich jedes Mal schmunzeln, wenn ich daran denken muss, einfach weil es so anders ist und vor allem in Deutschland so unvorstellbar wäre. Vor 2 Jahren sind einige der Kinder/Jugendlichen zum zuständigen Amt gegangen, um sich einen Ausweis ausstellen zu lassen. Als sie nach zwei Jahren(!) endlich abholen konnten, hat sich bei jemanden (von dem ich weiß, aber betrifft bestimmt auch einige andere) herausgestellt, dass das Geburtstagsdatum nicht mit dem übereinstimmt, was ihm/ihr von den Eltern gesagt wurde und er/sie somit an einem anderen Tag Geburtstag hatte und sogar das Jahr von dem eigenen Wissen abwich. So sind viele älter oder haben ein anderes Geburtsdatum als sie es von sich selber glauben.
Und in Ghana ist das kein Einzelfall…
Lieber Joel, danke für deinen Bericht! So ein Jahr in einem anderen Kulturkreis ist schon etwas ganz anderes aber auch etwas ganz besonderes. Und hält viele Überraschungen bereit. Ich freue mich, dass du dich darauf eingelassen hast.
Wir denken jeden Tag an dich und wünschen dir noch schöne Erlebnisse in den „restlichen“
Wochen.
Liebe Grüße aus Görlitz von
deiner Großmutti und Großvati
Vielen Dank, man entdeckt nicht nur in der fremden Kultur, sondern auch in seiner eigenen Kultur immer wieder etwas Neues, wenn man sich mit einer anderen Kultur auseinandersetzt. Und ich bin dankbar an alle, die mich unterstützen auf den unterschiedlichsten Wegen.
Die restliche Zeit wird definitiv nochmal interessant, gerade der Abschied… – aber bis dahin habe ich noch einige erlebnisreiche Wochen vor mir.
Euer Joel