Der Start
Nachdem wir, die Freiwilligen, alle am Flughafen in Ghana angekommen sind, ging es zu verschiedenen Stationen, erst die Gesundheitlichen, inklusive einem erneuten Coronatest, dann für den Reisepass und die Emigration. Dabei fiel mir auf, dass das Personal kaum etwas gesagt hat, und Gesten eher nur zur Zuweisung verwendet wurden. Dazu kommt, dass dieselbe Prozedur an einer Station ganz unterschiedlich gehandhabt wurde, als würde nur die Hälfte wissen, was sie genau zu tun haben. So haben manche von uns ein Dokument behalten, während es dem Rest abgenommen wurde. Abschließend durften wir einige Zeit auf das Gepäck warten. In Deutschland sowie in Ghana war es vorteilhaft in einer Gruppe zu reisen, da so gewisse Prozesse beschleunigt werden konnte, zum Beispiel das Durchwinken, nachdem der erste die Unterlagen vorlegen musste.
Als wir dann durch die letzte Sicherheitssperre kamen, schlug uns das schwüle Wetter entgegen, genauso wie es schon nach dem Ausstieg aus dem Flugzeug über eine Treppe passiert ist. Daraufhin warteten wir nicht lange auf unseren inländischen Mentor Chris, der mit uns nochmal ein Einführungsseminar durchführen werden sollte. Wir wurden zu einem für Ghana sehr typischen Kleinbus und einem normalen Kleinwagen geführt, bei dem wir 9 Freiwillige, plus der Mentor mit seinem Freund, der Fahrer und das gesamte Gepäck (3 Stück pro Person) reinpassen musste. Als dann der Kofferraum des Busses nicht aufgehen wollte, war die Enge perfekt. Für große Menschen sind die Sitze nicht konzipiert, sodass ich mich entweder seitlich oder breitbeinig hinsetzen musste. Gurte gibt es auch keine, was trotz des Fahrstils und des chaotischen Verkehrs nicht allzu schlimm schien. Die erste Fahrt zu unserer Unterkunft für das Seminar war von allen möglichen Eindrücken geprägt: der Verkehr, bei dem 80 in der Stadt erlaubt ist, Motorräder zwischen den Autos hindurchrasen, ein Großteil der Verkehrsteilnehmer für den öffentlichen Verkehr bestimmt ist (erkennbar an den gelben Kfz-Kennzeichen), super viel gehupt wird und bei Ampeln und Wartezeiten Frauen und Männer zwischen den Autos entlanggehen und alles Mögliche verkaufen, vom Scheibenwischer über Obst und Gemüse zu Popcorn; die Gebäude, bei denen sehr viele flach gebaut sind und bei Bedarf um ein Stockwerk erweitert werden, wobei an den möglichen und unmöglichsten Stellen ein Funkmast und kleine Läden aus Containern gebaut wurden. Bei vereinzelt großen Gebäuden werden oft Bäume auf der Dachterrasse angepflanzt. Dazu kommt der interessante Geruch der irgendwie an ein Gemisch aus Schmutz und Treibstoff/Motoröl erinnert, während man zwischen Personen eingeengt im Bus sitzt und die Umgebung wahrnimmt.
Als wir bei der Unterkunft ankamen, durften wir warten bis die Zimmer fertig gesäubert wurden und dann nacheinander den Zimmern zugeteilt wurden. Ich war der einzige, der ein Einzelzimmer bekommen hat, was für mich wieder schwierig war mich wirklich mit den Mitfreiwilligen zu connecten. Im Zimmer gab einen schmalen Eingangsbereich, bei dem links das „Bad“ abging, die Tür sich aber nicht schließen ließ und kein Waschbecken vorhanden war, die Dusche bestand aus einem Wasserhahn und einem Duschkopf, den man fürs Duschen nicht wirklich verwenden konnte, da der Wasserdruck zu gering war, so hat man die meiste Zeit Wasser in einen bereitstehenden Eimer gefüllt und aus diesem mit einer Kelle das Wasser geschöpft und über sich ergießen lassen. Direkt vor der Dusche befand sich die Toilette, die vernünftig spülen konnte. Das ganze Zimmer erinnerte mich an ein Zimmer in einer sehr heruntergekommenen Jugendherberge. Daraufhin gab es zum Frühstück, Aufkochkaffee bzw. -kakao mit Weißbrot und einer gelblich-braunen Milch und Zucker. Anschließend durften wir uns bis zum Mittagessen von der Reise ausruhen. Das Mittagessen bestand aus Kochbananen mit Bohnen (Red-Red). Am Nachmittag begannen die Seminartage mit einer Vorstellung aller Regionen Ghanas, die uns von Schülern von Chris vorgestellt wurden. Davor hatten wir uns in Englisch unseren Mentor Chris und seinen Freunden vorgestellt, unsere Interessen erfragt und auch konkret mich nach meiner Vorstellung gefragt, ob ich schüchtern sei. In den nächsten Tagen haben wir vor allem allerlei Gerichte wie Red-Red, Fried Yam (bisher mein Lieblingsessen :)), Kenkee oder Cooked/fried Plantain probiert. Das Essen ist fast immer mit Fisch (das hatte ich nicht bedacht 😐 ) und scharf und natürlich darf man nicht vergessen, dass mit der rechten Hand gegessen wird. Zwischen dem Essen hatten wir immer mal wieder kleine Sessions zum Themen wie Sicherheit, Krisenmanagement, Verhaltensweisen und Erwartungshaltungen beziehungsweise wie wir als Weiße wahrgenommen werden. So werden beispielsweise alle Weiße als reich angesehen, egal wie reich sie wirklich sind. In den Pausen gingen wir raus, um die Gegend zu erkunden oder kleine Tüten mit Trinkwasser zu kaufen. Sonntagnachmittag haben wir einen Geldautomaten geleert, indem (fast, für 2 hat es nicht gereicht) jeder sein Geld für die Non-Ghana Citizenship card und weitere bürokratische Prozesse abgehoben hat. Am darauffolgenden Tag ging es dann zum Immigration Service, wofür das Geld gebraucht wurde. Das startete mit dem Beginn eines Medical Reports, eine etwas abgespeckte Version der bereits getätigten Vorsorgeuntersuchung in Deutschland. Nach der Anamnese wurde Körpertemperatur, Höhe, Gewicht und Blutdruck gemessen, worauf eine Blutabnahme – die nicht bei allen so reibungslos lief – folgte. Im Anschluss folgte ein langes Warten bis jeder seine Non-Ghana Citizenship Card erhielt. Das Personal war viel lässiger darauf und hatte mit ein paar von uns ein Schwätzchen, ein großes Thema schien auch Fußball zu sein, sodass die Arbeit auch mal ganz niedergelegt wurde, um über Fußball zu diskutieren. Auch wurde gerne mal das Handy mitten im Prozess gecheckt. Als Highlight des Tages war dann das Essen einer frittierten Teigtasche, die wie ein Berliner ohne Füllung schmeckte, die wir uns beim Warten einverleiben durften. Als wir dann alle endlich unsere Karte hatten, ging es weiter zum weiteren Warten bei MTN, dem verbreitetsten Mobilfunkanbieter in Ghana, bei dem wir für alle eine ghanaische SIM-Karte bekamen. Das Warten machte den Tag so viel mehr anstrengender, auch weil die hohen Temperaturen eine Belastung für uns Neuankömmlinge ist. Am Abend galt es noch die SIM-Karten einzurichten. Am darauffolgenden Tag ging es auch schon in die Projekte, doch da vor dem Mittag noch keiner erschien, konnten wir noch eine Session abschließen und unsere Sachen packen. Dann kam die überraschende Neuigkeit, dass wir doch alle mit dem Bus vom Christ Faith Foster Home in die Stadt fahren und die Projekte jeweils früher rausließen. So war die erste Zeit noch sehr unterhaltsam, doch mit dem Rauslassen der anderen, wurde es auf einmal still, zu zweit in einem 15-Sitzer und zu wissen, dass es gleich ins Projekt geht und alles sehr real wird… Doch im Nachhinein fühlte sich auch die erste Begegnung im Projekt surreal an, doch das ist der Inhalt des hoffentlich bald kommenden nächsten Blogeintrags. Also bleibt gespannt!